· 

Damit Altbau und Fachwerkhäuser erhalten bleiben

Die Inspektoren des Baukulturdienstes Weser-Leine-Harz vor den Haus am Markt der Bürgergenossenschaft Bad Grund. Hier hielten die Inspektoren ihr Treffen ab. Foto: Herma Niemann
Die Inspektoren des Baukulturdienstes Weser-Leine-Harz vor den Haus am Markt der Bürgergenossenschaft Bad Grund. Hier hielten die Inspektoren ihr Treffen ab. Foto: Herma Niemann

Der Baukulturdienst Weser-Leine-Harz traf sich im Genossenschaftshaus der Bürgergenossenschaft Bad Grund. Was macht ein Baukulturdienst?

von Herma Niemann

 

Man könnte sie sozusagen als Retter von Altbau- und alten Fachwerkhäusern vor 1945 bezeichnen - die Inspektoren des Baukulturdienstes (BKD) Weser-Leine-Harz. Inspektoren, das hört sich sehr förmlich an. Dahinter stecken aber Experten aus vielfältigen Baubereichen (wie etwa Architektur, Zimmerei, Lehmbau und ökologischem Bauen), die aber eines eint, nämlich eine eindeutige Leidenschaft für alte Bausubstanz. Und sie treffen sich regelmäßig zu Inspektorentreffen. Diesmal in Bad Grund, im Genossenschaftshaus am Markt der Bürgergenossenschaft.


Insgesamt 16 Inspektoren waren mit dabei, die so an einer Fortbildung - auch anhand des Genossenschaftshauses - teilnahmen. Auf ihrem Fortbildungsprogramm stand an dem Tag unter anderem Organisatorisches, wie zum Beispiel der einheitliche Umgang im Schriftprogramm, aber auch eine inhaltliche Weiterentwicklung zum Thema der energetischen Empfehlungen. Gleichzeitig wurde aber der Austragungsort in Bad Grund genutzt. Gemeinsam wurde das Haus besichtigt, mit Tipps zur Sanierung. Zwar seien schon einige Experten, unter anderem natürlich auch Mitglieder der Bürgergenossenschaft, durch die Räumlichkeiten gegangen, so Nikolai Simon-Hallensleben (Vorstand Bürgergenossenschaft), aber mehrere Expertisen könnten ja nicht schaden, denn jeder habe einen Blick für bestimmte Details. „Das ist toll, so eine geballte Ladung an Kompetenz aus unterschiedlichen Spezialgebieten hier zu haben“, freute sich Dagmar Thomas (Vorstand Bürgergenossenschaft).


„Wir helfen Eigentümern mit einem Fahrplan für ihre Sanierung“, sagte Wolf Bredow (mit Yiva Cohrs-Müller zusammen Ansprechpartner, bzw. Bevollmächtigter der Interessengemeinschaft für den BKD). Man arbeite bei der Beratung mit freiberuflichen Fachleuten aus der Region zusammen. Und sollte es zu einer Sanierung kommen, dürften diese Personen nicht daran mitarbeiten, um die Unabhängigkeit zu wahren, so Bredow.


Gefördertes Leader-Projekt
Der Projektträger des BKD ist die Interessengemeinschaft Bauernhaus und ist ein gefördertes Leader-Kooperationsprojekt der Landkreise Hameln-Pyrmont, Hildesheim, Göttingen, Northeim und Schaumburg. Der Baukulturdienst bietet eine umfassende Palette an Dienstleistungen, die von der einfachen Beratung bis hin zu detaillierten Untersuchungsberichten reichen. Die Beratung umfasst: Erkundung der Bausubstanz, Untersuchung der Bauweise und der verwendeten Materialien. Im Fokus steht dabei die regionaltypische Bausubstanz, die die Ortsbilder prägen und so Identität stiften. Dieser Wert werde zwar zunehmend erkannt, doch der Bestand an historischen Gebäuden ist auch durch zunehmenden Leerstand gefährdet. Und da setzt der BKD an, nämlich, um Eigentümer historischer Gebäude bei deren Erhalt zu unterstützen. Dazu gehört zunächst auch eine Aufklärung über den richtigen Umgang mit dieser sensiblen Materie. So bietet der BKD Eigentümern eine unabhängige Beratung und fachkundige Analyse zur Aufwertung und Sicherung der Bausubstanz sowie Hinweise zur klimagerechten energetischen Sanierung von Altbauten unter Berücksichtigung der besonderen Bauweise historischer Gebäude an. Somit wird nicht nur ein Beitrag zum Erhalt der Gebäude geleistet, was auch zum Klimaschutz beiträgt, sondern auch ein gepflegtes Ortsbild als Grundlage einer touristischen Entwicklung hergestellt.


Die Interessengemeinschaft war auch in der ersten Projektphase der Träger, die unter dem Namen Baukulturdienst Weser-Leine ab 2019 in den Landkreisen Schaumburg, Hameln-Pyrmont, Hildesheim und Holzminden lief.

Verschiedene Beratungsmodelle

Die Inspektoren führen die Gebäude- und Bauteilinspektionen, je nach Wunsch des Auftraggebers entweder mit mündlichen Erläuterungen (zum Beispiel als Kaufberatung oder jährliche Kontrollbesichtigungen) oder mit ausführlichem Bericht mit Handlungsempfehlungen, der um Empfehlungen zu sachgerechten und nachhaltigen Maßnahmen zur energetischen Sanierung erweitert werden kann, durch. Der Eigenanteil staffelt sich für die Auftraggeber je nach Art der Inspektion.
Die entstehenden Kosten werden zum Teil durch Beiträge der Hauseigentümer beziehungsweise Auftraggeber, zum größeren Teil aber durch Fördermittel der EU sowie der Landkreise getragen. Übergeordnetes Ziel ist es, den Baukulturdienst auch nach Ablauf der Projektphase als dauerhafte Einrichtung mit finanzieller Unterstützung der Landkreise zu etablieren.


Was beinhaltet eine Hausuntersuchung mit schriftlichem Bericht?
Diese kann man in etwa mit dem TÜV fürs Auto vergleichen beziehungsweise als „Fahrplan“ für die Planung von Reparatur- oder Sanierungsmaßnahmen verwenden. Zunächst geht es um eine sorgfältige Erkundung der vorhandenen Bausubstanz, also der Bauart und der verwendeten Baustoffe. Dann werden vorhandene Schäden und Probleme aufgespürt und fotografisch sowie schriftlich dokumentiert. Schließlich resultieren daraus Empfehlungen für sinnvolle Maßnahmen mit gewichteten Prioritäten, also Dringlichkeiten. Diese können durchaus auch den Ratschlag enthalten, bestimmte Dinge nicht oder nur in einer bestimmten Reihenfolge zu tun. Vor allem aber sollen falsche Maßnahmen und damit Fehlinvestitionen oder noch schlimmer Bauschäden vermieden werden.

 

Und was hat sich beim Rundgang ergeben?
„Der Rundgang war für uns sehr interessant. Es sind zwar keine gänzlich neuen Erkenntnisse gekommen, wir haben aber vereinzelt sehr hilfreiche und auch konkrete Tipps erhalten und die fachliche Diskussion unter den Altbauexperten war sehr spannend“, so Simon-Hallensleben.
Gegebenenfalls könne sich aus diesem Netzwerk auch tatsächlich noch mehr entwickeln - nämlich weitere Seminare, die eventuell praktisch im Haus der Bürgergenossenschaft durchgeführt werden könnten. Das sei aber noch Zukunftsmusik.